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Farewell Wellfare

Franz Rieder • Angebot und Nachfrage amerikanisch, Krisenstruktur der Verkäufermärkte, Globales Krisen Round-Up, Fliehkräfte des amerikanischen Modells
(nicht lektorierter Rohentwurf)   (Last Update: 01.07.2019)

Was einmal als ein System der Vermögensverwaltung begann, wird mehr und mehr zum Zankapfel zweier, zunehmend unvereinbarer politischer Positionen in den USA. Und dabei steht mehr auf dem Spiel als die Frage: liberal oder konservativ? Im amerikanischen Modell spielte und spielt bis heute das Wealth Management eine dominante Rolle bei der Sicherung des gesellschaftlichen Wohlstands wie der gesellschaftlichen Wohlfahrt.

So bedeutet deshalb in den USA auch Wealth Management nicht einfach Vermögensverwaltung bzw. Anlageberatung, sondern eine umfassende Finanzplanung und Vermögensorganisation, ausgerichtet auf sehr wohlhabende Personen, weit über die herkömmliche Vermögensverwaltung hinausgeht.

Rein sachbezogen betrachtet, analysieren im Wealth Management tätige Banken oder Finanzdienstleistungsunternehmen die Vermögenslage ihrer Kunden und richten anschließend sämtliche Vermögenswerte gebündelt auf bestmögliche Effizienz aus. Effizienz in diesem Zusammenhang bemisst sich am generationsübergreifenden Erhalt der Vermögen bei gleichzeitiger Sicherung des jeweiligen, zeitlich gegebenen Lebensstandards.

Daher gehören Planungen zur Vorsorge und in Bezug auf den Nachlass nebst Versicherungslösungen und Steuerplanungen ebenso wie allgemeine Rechtsberatungen und Willensvollstreckungen zu den Dienstleistungsspektren der Institute bzw. Gesellschaften, die auch noch darüber hinausgehen können in Bereiche von Serviceleistungen auf diverse Finanzierungen, Investments in Kunstobjekte sowie auf Gesellschaftsgründungen im In- und Ausland.
Die meisten Anbieter leisten ihre zentralen Dienste selbst und ziehen nur bei speziellen Leistungen wie Rechtsberatungen externe Fachleute hinzu.

Mittlerweile also noch vor den großen Banken spielen unabhängige Vermögensverwalter nicht nur eine entscheidende Rolle bei der umfassenden Analyse und Beratung sowie dem Kauf geeigneter, vermögenssichernder Titel, Werte und Beteiligungen, sondern auch bei deren Aufbau und Diversifizierung. Das Geschäftsmodell für das US-Wealth Management basiert darauf, alle geeigneten Dienstleistungen anzubieten. Während Bankinstitute sämtliche Dienstleistungsbereiche mit internen Spezialisten bearbeiten, bieten unabhängige Vermögensverwalter ihre gebündelten Dienstleistungen meist in Form von Family Offices an.

Insbesondere bei Family Offices ist eine möglichst hohe Transparenz seitens der Gebühren Voraussetzung, die oft auf Honorarbasis tätigen Vermögensverwalter arbeiten gegen vereinbarte Gebühren und nehmen darüber hinaus keine Provisionen von Dritten an. Im Wealth Management aktive Banken lassen dagegen oft hauseigene Produkte in die Vermögensverwaltung einfließen und neigen häufig zu intransparenten Herangehensweisen, was im Zuge der zunehmenden Markttransparenz auch in diesem Sektor zu einer Verlagerung von Vermögen von Banken zu unabhängigen Verwaltern die Folge war.

Das führte dazu, dass Vermögensverwaltungen nicht selten tiefe Einblicke in die Vermögensstrukturen ihrer Kunden hatten und somit auch über deren Steueraufkommen sowie über schwierige Rechtsfelder, die Vermögensstrukturen, Beteiligungen, Schenkungen und Erbschaften betreffend. Und da nun einmal optimales Wealth Management eine auf sämtliche Vermögenswerte ausgerichtete Steuer- und Rechtsberatung mit Fachkompetenz beinhaltet, wuchsen mit den Anforderungen auch die Kenntnisse der Verwalter in steuer- und zivilrechtlichen Fragen und Alternativen. Denn bei vermögenden Marktteilnehmern besitzen Steuerersparnisse den gleichen Stellenwert wie die mit dem Vermögen erzielten Erträge. Je nach Vermögenslage können die Anforderungen der steuerlichen Abklärung sehr hoch sein und deshalb verwundert es wenig, wenn Vermögenstransaktionen auch ihre Wege über steueroptimierende und -vermeidende Adressen weltweit finden.

Ein weiterer Aspekt in diesem Zusammenhang ist der langfristige Anlagehorizont. Kurzfristige Asset Allocations sind nicht das Geschäftsmodell der Vermögensverwaltungen. Ihre traditionell bevorzugten Anlagen trafen Investments mit ähnlich langfristig ausgerichteten Anlagenhorizonten bei durchschnittlich guten bis hohen Renditen. Neben Hypotheken drängten sich Investments in Gesundheits- und Rentenmärkten geradezu auf.

Ein staatliches Umlagesystems wie etwa in Deutschland gibt es auch in den USA. Von US-Präsident Franklin D. Roosevelt im Jahr 1935 angesichts der Wirtschaftskrise als "Social Security System"(SSS) im Rahmen des sogenannten New Deal eingeführt, steht es neben der privaten Absicherung als die tragende Säule im sozialen Wohlfahrtssystem der USA und zählt heute mehr als 90 Prozent aller Berufstätigen als Social-Security-Mitglieder.

Auf bundesweiter Ebene stellt das Social Security System damit bis heute das bedeutendste Sozialabsicherungssystem der USA dar und ist, bedingt durch die traditionelle Refinanzierung des Gesamtsystems über die sog. "trusted funds" auch bislang überlebensfähig gewesen. Da aber auch in den USA immer weniger Berufstätige die immer größer werdende Zahl an Pensionären finanzieren muss, gerät dadurch die Refinanzierung zwangsweise in eine Schieflage.



Experten gehen daher davon aus, dass entweder die Beiträge erhöht oder die Renten gekürzt werden müssen. Beide Optionen aber beschreiben weder die Problematik noch sind sie Faktoren zur Lösung. Beitragserhöhung oder Rentenkürzungen können allenfalls die Überlebensfähigkeit des Social Security Systems optimieren und damit nur eine der tragenden Rentensäulen.

Neben dem SSS gibt es die sog. Betriebsrenten, die wenig mit dem zu tun haben was wir aus Europa bzw. Deutschland kennen. Die Zusatzversorgung firmiert auch unter der Bezeichnung "401(K)Plan" und bildet eine Möglichkeit, die Rente aufzubessern. D 401(K)Plan leitet sich von dem entsprechenden Paragraphen des „Internal Revenue Code“ ab und bezeichnet ein System, bei dem der Arbeitgeber einen fixen Prozentsatz (vor Steuerabzug) vom Monatsgehalt einbehält und in einen Investmentfonds anlegt.

Üblicherweise zahlen Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu gleichen Teilen 7,65 % des Einkommens an die Kasse der Social Security Administration (SSA), was sich aber für die meisten geringverdienenden Arbeitnehmer bei steigenden Lebenshaltungs- und Gesundheitskosten als undurchführbar herausstellt.

Im Rentensystem der USA sehen wir also ein System, das in der privaten Vorsorge vor allem für einkommensstarke Erwerbsschichten - hier als die Summe jedes einzelnen Erwerbstätigen gerechnet - optimiert ist. Private Vorsorge über Investmentfonds erklären nicht nur den enorm großen Markt der sog. institutionellen Anleger, der durch die regelmäßigen Transfersummen aus der Privatwirtschaft und den Privatpersonen begünstigt ist, sondern auch die entsprechend großen Unterschiede zwischen armen und reichen Rentnern in den USA allein schon auf der Basis der Einkommen und Vermögen außerhalb der Erwerbsvita der US-Bürger.

Was für uns aber von wesentlicherer Bedeutung ist, liegt nicht allein in diesem Sachverhalt, sondern in der Frage, ob das auf privater Vorsorge basierende System sich auch als das effizientere System erwiesen hat. Und hier lautet die Antwort eindeutig: Nein. Denn bei dem amerikanischen Modell geht es bei der Effizienz allein um Erwerbstätige und in diesem Arbeitssegment vor allem um die gut- bis besserverdienenden Erwerbstätigen.

Die meisten Arbeitgeber machen zudem Ihre (Zu-)Zahlungen von der Unternehmenszugehörigkeit des Erwerbstätigen abhängig. Dabei kann der Arbeitgeber eine bestimmte Jahresgrenze festlegen. Von dem festgesetzten Zeitpunkt an gehören dem Erwerbstätigen vergangene und künftig geleistete Zahlungen. Mit dieser Methode versuchen US-Arbeitgeber, eine längerfristige Bindung ihrer Arbeitnehmer zu erreichen.

Sollte das Unternehmen Insolvenz anmelden müssen, so verlieren die Erwerbstätigen Ihr angelegtes Geld nicht. Denn ein "plan administrator", der dieses Geld verwaltet, sorgt dafür, das es entweder im alten 401(k)Plan verbleiben kann, welches sie/er dann mit dem Erreichen der Altersgrenze abheben kann. Oder aber es wird in einen neuen Plan übertragen. Dieser "roll-over" sichert den fortlaufenden Anlagehorizont, hat aber wie viele versicherungsähnliche Investments den Nachteil, dass eine frühzeitige, vor Ablauf der gesamten Laufzeit getätigten Auszahlung in der Regel mit einer Strafgebühr von zehn Prozent und der Besteuerung einher geht, die nach voller Laufzeit ausfällt und also erst dann ihr eigentliches Potenzial erreicht.

Neben dieser Möglichkeit der privaten Vorsorge (traditional Individual Retirement Account (IRA)) gibt es noch andere Formen, etwa die "Roth IRA" oder die "Educational IRA", beides Steueroptimierungsmodelle auf der Basis von Fonds-Spar-Modellen für Rentenzeiten oder Ausbildungszeiten der Kinder, die nicht ohne eine gewisse bürokratische Überbordung wie alle Steueroptimierungen auskommen.

Das Rentenmodell wird erst vollständig, wenn man das Gesundheitsmodell mit hinzunimmt. Beide zusammen machen im Kern das US-Modell der sozialen Wohlfahrt aus, wenn wir das Health Management einmal davon ausnehmen, was durchaus begründet ist. Und im Gesundheitssystem der USA sieht es bekanntermaßen für breite Bürgerschichten recht schlecht aus. 62 Prozent aller Amerikaner leben von Gehaltsscheck zu Gehaltsscheck und haben kaum bis keine Ersparnisse. Selbst bei zeitweiliger Inanspruchnahme des Educational IRA, startet ein Durchschnittsamerikaner mit enormen Schulden durch die Studiengebühren (im Durchschnitt von 28.950 Dollar) ins Berufsleben und trifft auf ein Gesundheitssystem, welches das teuerste der Welt ist und eins der ineffizientesten der westlichen Industriegesellschaften1 .

Ca. 15 Prozent der Bevölkerung, und das sind immerhin 48 Millionen Amerikaner, sind überhaupt nicht krankenversichert. Der Grund hierfür ist naheliegend: Viele Amerikaner können sich die Krankenversicherung einfach nicht leisten. In keinem Land der Erde kosten Behandlung und Medikamente nämlich mehr als in den Vereinigten Staaten. Dass hohe Kosten dabei nicht zwingend zu einer besseren Gesundheitsversorgung führen, zeigt eine Auswertung der OECD aus dem Jahr 2011. Vergleicht man die durchschnittliche Lebenserwartung mit den Gesundheitskosten pro Kopf, liegen die USA weit abgeschlagen hinten in diesem Feld2 . Auch die Episode von Obamacare hat an diesem Zustand wenig geändert.





Wie der Bericht des First Global Symposium on Health Systems Research aus dem Jahr 2010 feststellt, haben 58 von 194 untersuchten Nationen eine allgemeine Krankenversicherungspflicht (Universal Healthcare). Sie sind dabei entweder als "Single-Player" (ein einzelner Anbieter für alles), "Two-Tier" (eine Pflichtversicherung plus optionale Zusatzversicherung) oder "Insurance Mandate" (verschiedene Anbieter, Pflicht zur Wahl eines Anbieters) organisiert.

Deutschland führte als erstes Land bereits 1883 unter Otto von Bismarck eine allgemeine Krankenversicherungspflicht ein. Die Amerikaner hingegen standen dem Ausbau des Sozialstaates und insbesondere der Einführung einer Krankenversicherungspflicht stets kritisch bis ablehnend gegenüber. Das Hauptargument gegen eine Krankenversicherungspflicht war ist dabei noch heute die Annahme, dass "Universal Healthcare" stets in Form eines Single Player Angebots stattfinden muss. Damit verbunden ist die Sorge, dass ein Single Player Angebot zu mehr Bürokratie, keinen Wahlmöglichkeiten und stark regulierten Versorgungswegen führt, die am Ende auch noch hohe finanzielle Mehrbelastungen verursachen.

Seit dem Jahr 1965 gibt es mit den Programmen Medicare (für Personen über 65 Jahre) und Medicaid (für Personen unter der Armutsgrenze) zumindest eine minimale Versorgung für ausgewählte, vor allem einkommensschwache Personenkreise. Bei etwa 320 Millionen Einwohnern in den USA sind viele jedoch über ihren Arbeitgeber krankenversichert. Unternehmen in den USA bieten private Krankenversicherungen oftmals als so genannte Benefits an. 154 Millionen Einwohner sind auf diesem Wege versichert.

Durch die Fokussierung auf den einzelnen Erwerbstätigen oder die individuelle Erwerbsvita erklärt sich die starke Fragmentierung des Marktes, weswegen Möglichkeiten fehlen, Kosteneinsparungen durch Mengenrabatte zu erzielen. Dies führt wiederum dazu, dass Prämien sehr teuer sind und Arztbesuche zum Teil nur vollständig übernommen werden, wenn Patienten einen Vertragsarzt der Versicherung wählen.

In den beiden wichtigen Bereichen der gesellschaftlichen Wohlfahrt, Rente und Gesundheit, ist festzustellen, dass das amerikanische Modell deshalb ineffizient ist, weil es die Schwierigkeiten eines nicht am Markt, sondern am Anbieter orientierten, wirtschaftlichen Handeln strukturell spiegelt. Der Gesamtmarkt oder die Nachfrage nach Renten- und Gesundheitsleistungen kann unter dem Primat des Angebotes preislich nicht umfassend gewährleistet werden.

Aber nicht nur die viel zu hohen Preise, die bereits für die Mittelschicht schon kaum zu erbringen sind, spiegeln das Strukturdefizit des amerikanischen Modells. Ein ebenso großes Problem ist die strukturelle Verknüpfung der Krankenversicherung an den Arbeitgeber. Die führt dazu, dass bei Verlust des Arbeitsplatzes man auch seine Krankenversicherung verliert. Ohne diese ist man in den USA den sehr hohen Behandlungskosten im Krankheitsfall ausgeliefert. In keinem anderen Land der Welt, führen hohe Behandlungskosten so häufig zur Zahlungsunfähigkeit der Patienten und damit in die Privatinsolvenz.

"Here in the U.S., one big reason for the confusion is that we're the only (industrialized) country that doesn't have UHC [Universal Health Coverage]. What we have here in the U.S. is called SHC – selective health coverage." (Forbes, 2013)

Diese Single Health Coverage ist mehr, als ein struktureller Unfall im amerikanischen Modell. Wo immer auch die Möglichkeit besteht, Märkte aus der Sicht von Angebot vor Nachfrage zu interpretieren, folgt dem das amerikanische Modell; ja, das ist der Kern des amerikanischen Modells.





Angebot und Nachfrage amerikanisch



Die Marktwirtschaft ist eng betrachtet ein Idealzustand, bei dem sich Angebot und Nachfrage in einem Gleichgewicht befinden; so etwas gibt es real nicht. Was es gibt, sind fließende Prozesse, in denen sich Angebote und Nachfragen einmal mehr oder weniger zueinander gewichten. Angebot und Nachfrage sind selbst wiederum Begriffe der Volkswirtschaft, die große Bereiche von Konsum und Produktion umfassen, in denen so große Unterschiede auftreten können, dass Relationen zwischen beiden Bereichen stark schwanken und sogar in einer Zeitperiode von positiven zu negativen Vorzeichen wechseln können.



Wir haben in Bezug auf das amerikanische Modell der gesellschaftlichen Wohlfahrt von einem Angebots- bzw. Verkäufermarkt gesprochen und begonnen, die im Segment der Wohlfahrt der US-Wirtschaft, also dem Beitrag, den die US-Wirtschaft zum Wohlstand aller US-Bürger beiträgt, aufgezeigten, ökonomischen Bestimmungen auf die US-Wirtschaft generell zu übertragen.

Demnach dominiert ein strukturell überwiegender Anbietermarkt das amerikanische Modell der Marktwirtschaft. Natürlich müssen bei allen diesen Betrachtungen die geldpolitischen Maßnahmen der Fed und damit die Entwicklung des Dollars mit einbezogen werden. Aber dem hohen Dollar allein die Verantwortung zu übertragen, dass die Preisentwicklung in weiten Teilen der US-Exportwirtschaft diese Ausmaße angenommen hat, wie wir heute unschwer erkennen können, wäre falsch.

Der Blick auf den Dollar wäre ja nichts anderes als das Phänomen des Preises aus einer bestimmten, nicht der einzigen Perspektive betrachtet, zumal eine Währung ja auch generell für die Entwicklung einer Volkswirtschaft steht.



Zurück zum Verkäufermarkt. Der liegt gewissermaßen im Wesen des amerikanischen Selbstverständnisses und im Blut der US-Wirtschaft. Da die USA immer ihren Blick auf ihre ökonomischen Außenbeziehungen gerichtet haben, muss im amerikanischen Modell natürlich die Exportwirtschaft besonders berücksichtigt werden. Aber auch hier gilt die strukturell gleiche Relation in reziproker Beziehung. So ist aus Sicht des amerikanischen Modells die Importwirtschaft ein Käufer- und die Exportwirtschaft ein Verkäufermarkt.



Diese scharfe Trennung ist strukturell und nicht in jedem Einzelfall so gegeben. Sie zeigt aber die strukturellen Grenzen trennscharf auf, innerhalb derer sich das marktwirtschaftliche Geschehen modellartig bewegt. Aus Sicht des amerikanischen Modells ist der Binnenmarkt strukturell gleich dem Exportmarkt. Es besteht auf beiden Märkten ein Nachfrageüberhang3 . Nachfrageüberhang oder ein Verkäufermarkt ist gesamtwirtschaftlich betrachtet eine strukturelle Marktinsuffizienz, also ein strukturelles Krisenphänomen.



Die strukturellen Krisenelemente sind offensichtlich und nicht nur informell und relational bedeutend. Höhere Fachkenntnisse wie sie heute in den meisten Bereichen der Beziehungen der Wirtschaftssubjekte zueinander vonnöten sind, sowie größere Bereiche von Abhängigkeiten in diesen Wirtschaftsbeziehungen demonstrieren eine Zunahme dieser strukturellen Ineffizienz.



Nicht nur im juristischen Themenkreis und innerhalb körperschaftlicher Beziehungen breitet sich die Ineffizienz von Verkäufermärkten aus. Die informellen Anforderungen an ganz alltägliche Kaufvorgänge werden exponentiell schnell höher und eine Bewältigung durch Fachkenntnisse, auch externen, wird immer schwieriger, wenn nicht unmöglich; von den Kosten für Beratung und Hilfe ganz zu schweigen.



E-Commerce Plattformen setzen heute schon für Anbieter wie für Käufer Kenntnisse voraus, die die Transaktionen, aber auch schon die Informationen so sehr erschweren, das rechtssichere Vorgänge, also Vorgänge, die das Verhältnis von Wissen und Verantwortung regeln, fast unmöglich erscheinen. Auf allen Ebenen der geschäftlichen wie zunehmend auch der privaten und nachbarschaftlichen Beziehungen ist der Käufer direkt oder indirekt in einer generell ungünstigen Situation. Die verhandlungstaktische Position bei der Datenkommunikation ist nicht nur bei den sozialen Plattformen auf der Seite des Käufers bzw. Kunden oder Mitglieds solcher Plattformen katastrophal.

Im Job-Recruitment wie im gesamten Bewerbungswesen - man kann durchaus heute schon sagen, dass dies den gesamten Arbeitsmarkt betrifft - sind die Job-Anbieter meilenweit den Jobsuchenden gegenüber informell überlegen.



Abhängigkeiten bestehen auch weit über die generellen Betreuungsmärkte hinaus und nehmen weiter zu. Die Angebote bei der Kinder- wie bei der Senioren- und Krankenbetreuung sind im amerikanischen Modell relational durch die starke Position des Anbieters bei gleichzeitig schwacher Position der Nachfrage gekennzeichnet. Von der Unfallhilfe durch Rettungsdienste bis hin zu den Angeboten der Renten- Gesundheits- und Vermögensverwaltungen sind die Abhängigkeiten bzw. die strukturellen Ungleichgewichte, die weit über die notwendigen Maße hinausgehen und durch die reine Sachlage gekennzeichnet sind, krisenhaft.



Alle drei wichtigen Bereiche, Gesundheit, Renten und private Vermögen befinden sich im amerikanischen Modell zur Zeit wirtschaftlich betrachtet im Sinkflug und es besteht keine Aussicht darauf, dass strukturell daran sich etwas ändert, zumal in diesen Bereichen die regulatorischen Marktvorgänge, etwa über den Preis, also die Bezahlung von Waren und Dienstleistungen über Intermediäre, z.B. Versicherungen und eine Vielzahl weitere Institutionen und Privatunternehmen vorgenommen wird.



Um einem Irrtum gleich vorzubeugen: Käufermärkte sind, entgegen der Lehrmeinung, eben nicht reguliert bzw. überreguliert. Man findet sicher auch in Käufermärkten Regularien, zeitweise auch Kartelle, Zölle und andere diskomparative Einhegungen. Alles dies aber ist wie ein Symptom, als eine Folge zu betrachten, deren Ursachen in der Krisenstruktur der Käufermärkte selbst zu finden sind.



Krisenstruktur der Verkäufermärkte



Woran erkennen wir die Krisenstruktur von Verkäufermärkten in der Gegenwart? Bleiben wir im Bereich der Vermögensverwaltungen. Wir sehen, dass aktuell die goldenen Zeiten der Vermögensverwaltungen in den USA zu Ende zu gehen scheinen. Dieser "Trend" oder Prozess scheint sich dramatisch zu entwickeln, hat doch, um ein bekanntes Beispiel zu zitieren, die Blackrock-Aktie seit ihrem Top im Jahr 2018 ein Drittel an Wert verloren.

Wenn gleich auch mit starken Schwankungen sind die Börsen doch ersichtlich skeptischer geworden gegenüber dem größten der Branche und die Zukunft für dessen Asset-Manager scheint wenig rosig.

Blackrock hat, dies muss man bedenken, bereits vor einiger Zeit ein zweites Standbein, die Indexfonds, neben den traditionellen, aktiv gemanagten Vermögensfonds in sein Portfolio genommen. Hat das geholfen?

Das verwaltete Vermögen im Blackrock Portfolio fiel im Jahresvergleich um stattliche fünf Prozent und bilanziert damit unter die Marke von sechs Billionen Dollar. Betrachtet man die Netto-Investitionen der Anleger, dann stehen 44 Milliarden Dollar neu in den Büchern, die aber im Jahresvergleich einen Rückgang von 66 Prozent summieren. Betrachten wir das Portfolio aus struktureller Sicht, dann verlagerten die Investoren bzw. Kunden des Unternehmens immer mehr Vermögen aus teureren, aktiv gemanagten Fonds in die wesentlich preiswerteren Indexfonds, die mit Kosten von etwa 10 Prozent die Gewinnmarge des Konzern geradezu schmelzen ließen.

So sank den auch Gewinn je Aktie im vierten Quartal 2018 auf 6,08 Dollar, deutlich mehr als von Analysten erwartet, die den Gewinn bei 6,28 Dollar antizipierten. Setzten wir die Kennziffern Umsatz und Erlöse vor Steuern in Beziehung und berücksichtigten wir damit auch die Effekte der Trumpschen Steuerreform, sähe das Ergebnis deutlich schlechter aus.

Wir halten bereits hier fest, dass das zweite Standbein Indexfonds zwar eine Form der Marktanpassung gewesen ist, aber die deutlich kannibalistischen Effekte eine Bestätigung dessen sind, was wir eben ein strukturelles Krisenelement in einem insuffizienten Verkäufermarkt genannt haben.

Zur Strukturkrise des Asset-Management traditioneller Art, also als ein Verkäufermarkt gehört, dass das Assets-Management von einer mehr als zehn Jahren andauernden Börsen-Hausse in den USA quasi wie im Schlaf profitiert hat. Steigende Vermögen spiegelten sich in steigenden Asset-Gewinnen und so auch in den prozentualen Anteilen an den verwalteten Vermögen, die das Management als Einnahmen einstrich. Mehr aber als das verdeckte dieser Prozess die Zunahme der Risiken im Asset-Management, die aus dem Segment der Indexfonds in die Bilanzen fließt.

Mit den Indexfonds tritt Blackrock immer weiter in das Terrain eines Käufermarktes, auf den es weder vorbereitet ist, noch den es strukturell integrieren kann. Der Mark der Indexfonds erhöht das Risiko in den Büchern von Blackrock erheblich und das wird durch die Börsen abschlägig bewertet.

Ein größerer Nachfragemarkt bedeutet, dass Marktmechanismen wie etwa Wettbewerb bei Anbietern und Preisen sich in höher Risiken auf der Angebots- bzw. der Verkäuferseite niederschlägt.

War die Verweildauer der Kunden in einem reinen Verkäufermarkt und durch das Komplettangebot, also durch ein Strukturportfolio extrem hoch, so sinkt sie potenziell auf ein geringes Level. Kunden von Indexfonds können schnell zu einem anderen Anbieter wechseln und wenn viele Kunden wie Gäste auf einer Party zur gleichen Zeit durch die Tür zur Küche streben, wird es zwar einerseits recht eng, aber schnell auch leer auf der Tanzfläche.

Nun hat das Asset-Management ein doppeltes Risiko. Eine Schlüsselrolle im Risiko spielt die Börse, insofern die traditionellen Ertragsbringer Aktienprodukte und Mischfonds mit Aktienanteilen in volatilen und tendenziell nach unten schwankenden Märkten sinkende Anlageerträge antizipieren.

Eine andere Schlüsselrolle spielt der zunehmende Preiswettbewerb und auch die Marktturbulenzen bei den Indexfonds, wie wir bereits angemerkt haben.

Dazu kommt aber ein strukturelles Risiko, das das bestehende Strukturrisiko noch erheblich mehr ausweitet, als dies bereits inhärent ist. Wenn Anleger aus einem stabilen Verkäufermarkt in Angebotsmärkte wechseln, steht das gesamte Geschäftsmodell des Asset-Management als ein amerikanisches Modell in Frage. Und dies sieht man bereits an den Marktbewegungen, die sich aktuell abzeichnen.

Bedenken sollte man, dass das Asset-Management im amerikanischen Modell einer Verkäufer-optimierten und strukturierten Marktwirtschaft nicht die Wahl hat, so zu handeln, wie es das tut, oder nicht; das macht eben diese Struktur schwer bis unmöglich. Die bloße Hereinnahme von Produkten, die einen Käufermarkt adressieren neben bestehende Produkte eines Verkäufermarktes löst das strukturelle Problem nicht. Eines dieser Hauptprobleme ist der freie Wettbewerb auf Käufermärkten, der wesentlich weniger restriktiven Regulierungen für die Kunden im Gegensatz zu den Anbietern unterliegt.

Zu den Turbulenzen auf den Börsenmärkten kommt der harte Preiswettbewerb in der Branche der Indexfonds und obwohl Blackrock auch hier Marktführer ist, kann die Company ihr strukturelles Defizit nicht ausgleichen. Dieses strukturelle Defizit zementiert sich noch, gehen solche Unternehmen in ausländische Käufermärkte, ohne ihre Strukturen auf diese neuen Märkte anzupassen. In Europa verlangen vergleichbare Anbieter von Asset-Management Dienstleistungen von Privatanlegern etwa für aktiv betreute Aktienfonds ca. ein bis zwei Prozent Jahresgebühr, während die Indexfonds oft nur ein Zehntel dessen kosten und diese Preise in diesem Segment sogar noch weiter fallen.

Damit kommt natürlich sofort auch die Kostenstruktur der Anbieter in den Blick, die bei Blackrock z.B. in den vergangenen Jahren um etwa 50 Prozent gestiegen ist, was in etwa auch für die Branche insgesamt gilt. So verwundert es auch nicht, dass Blackrock Anfang 2019 bereits bekanntgab, sich von rund 500 Mitarbeitern trennen zu müssen, was nicht zufälligerweise einer Reduktion von drei Prozent und damit in eben dieser Höhe dem Rückgang der Gewinnmarge entspricht.



Einbrechende Gewinne allein mit Entlassungen zu beantworten ist gewiss ein Element des amerikanischen Modells, aber wenig hilfreich, ändert es an der Struktur des Unternehmens und seines Geschäftsmodells nichts; flexible Marktanpassung sieht auch anders aus.

Marktanpassung ist gewissermaßen der Todfeind der großen Unternehmen, die ihre Märkte immer schneller zu Verkäufermärkten gerinnen lassen. Steigende Kosten z.B. werden und im Falle von Blackrock wurden in den vergangenen Jahren durch steigende Einnahmen gedeckt. Man kann das auch anders formulieren: das Interesse von Unternehmen auf Verkäufermärkten, steigende Einnahmen durch sinkende Preise an ihre Kunden weiterzugeben steht nicht im Zentrum des Geschäftsmodells.

Von der Branchenspitze Blackrock bis abwärts zu den anderen, börsennotierten Asset-Companies wie z.B. Invesco, Amundi oder auch die deutsche DWS Group, die das amerikanische Modell nach Europa kopiert hat und die sowohl im aktiven und gleichzeitig im Indexfondsgeschäft aktiv sind, zeigen die Kursverluste an den Börsen, dass es nicht nur um Schwankungen in der Geschäftsentwicklung, sondern um Krisen im Geschäftsmodell geht, denen die Unternehmen auch nicht mit den satten Zuflüssen aus dem Indexgeschäft begegnen können.

Der Wettbewerb durch neue und auf den europäischen Märkten verankerten Anbieter wird für die traditionellen US-Marktführer immer härter. Blackrock begegnete dem durch die Übernahme von iShares4 . Weniger aussichtsreich erscheint die Einführung einiger Produkte mit "Null-Gebühr" durch Fidelity, einem großen Anbieter auf dem Asset-Management-Markt der USA. Druck auf die Margen besonders durch Großinvestoren wie Versicherungen oder Pensionskassen, die immer härter um die Konditionen bei aktiv betreuten Geldern verhandeln, erwirken auf dem US-Markt zunehmend mehr flexible Gebührenmodelle, bei denen ein geringer Fixsatz für das Asset-Management mit einem variablen Anteil kombiniert wird, der vom Anlageerfolg abhängt; so versuchen viele Anbieter Kunden zu halten oder zu gewinnen.

Null-Gebühren und selbst flexible Gebührenmodelle aber können die Marktprozesse hin zu Käfermärkten nicht wirklich bremsen oder in der gewünschten Richtung halten. Mit der Digitalisierung der Geschäftsprozesse und der damit verbundenen, deutliche größeren informellen Transparenz sowie einer Käufermarkt-adäquaten Regulierung, die vor allem die Käuferrisiken zu begrenzen sucht, entwickelt sich eine Auseinandersetzung, die weit über den Wettbewerb der Asset-Companies untereinander hinausgeht.



Globales Krisen Round-Up



Als ein Zwischenergebnis können wir zusammenfassen: eine Ausdehnung des amerikanischen Modells von Verkäufer- auf Käufermärkte scheint schwierig zu sein, transportiert man ja lediglich die strukturellen Probleme des einen Marktes auf den anderen. Eine tiefgreifendere Marktanpassung scheint vonnöten, die die US-Repräsentanten im Markt des Asset-Managements nicht leisten können. Ihre Geschäftsmodelle sind strukturell nicht flexibel genug, diese Anpassungen zu leisten wie die politischen bzw. regulatorischen Bedingungen, die das amerikanische Modell ausmachen.

Also sind Vorgänge wie Marktanpassungen an Käufermärkte im amerikanischen Modell keine Optionen, sondern durch vorgängige Strukturen begrenzte Möglichkeiten, den Marktprozessen zu begegnen und daher defizitär im strukturellen und ineffizient marktwirtschaftlichen Sinne.

Wie also verhalten sich Unternehmen, die durch die Vorteile anbieter-dominierter Märkte zu Konzernen geworden sind auf käufer-orientierten Märkten, um den Risiken dieser Märkte für sie zu entgehen?

Ein Weg, wir haben das bereits angedeutet, könnte sein, dass US-Unternehmen in solche Märkte gehen, indem sie unter eigenen Körperschaften sich in ausländische Märkte ausdehnen, wie z.B. der größte Konkurrent von Blackrock im Indexfondsgeschäft, Vanguard, der im Jahr 2018 sein Deutschlandgeschäft gestartet hat.

Was aber hat sich durch die Marktausweitung geändert? Ist das amerikanische Modell angepasst worden? Die Antwort ist Nein. Zwar sind die US-Unternehmen nun auch in einem sehr breiten Käufermarkt tätig, insofern die Indexfonds (ETFs) es breiten Schichten an Sparer ermöglicht, ihr Geld nicht auf Sparbüchern zu parken, sondern mit wenig Geld kostengünstig in ein weltweit gestreutes Portfolio zu investieren und so besonders beim privaten Vermögensaufbau, etwa für die Altersvorsorge akzeptable Renditen zu erzielen, zumal in Zeiten wie aktuell, in denen die Sparvermögen in traditionellen Sparformen schmelzen wie Softeis in der Sonne.

Nach dem Sparparadoxon5 : das Gewünschte ist die Katastrophe, wonach es zwar gut ist für deren Geldbeutel, wenn einzelne Haushalte sparen, aber schlecht, wenn alle sparen, weil sparen Konsumverzicht bedeutet und deshalb die Konjunktur wegbricht und also niemandem geholfen ist, weist ein Phänomen auf ein beträchtliches Problem hin, das mit den ETFs und dem amerikanischen Modell zusammenhängt.

Auf den Märkten der Indexfonds kann unter bestimmten Umständen ein durchaus rationales Verhalten eines Anlegers zu einem Problem werden, wenn nämlich sehr viele Anleger über wenige Anbieter in die gleiche Anlage investieren und diese Anlage, wie bei Indexfonds in einem hohen Grad einem Käufermarkt entspricht. Ein hoher Grad meint in diesem Zusammenhang, dass das Produkt, hier der Fonds einfach strukturiert ist und die Käufer sich gegenüber den Verkäufern in einer sehr günstigen Position befinden.

Börsen leben grundsätzlich davon, dass es Käufer und Verkäufer gibt, also Akteure mit positiver und negativer Meinung und damit ups and downs der Kurse und somit Gewinner und Verlierer. ETFs hingegen agieren "agnostisch", d.h. sie haben keine Meinung, keine marktwirtschaftliche „Logik“, sondern kaufen die Werte eines Index, wenn ihnen Geld zufließt, und verkaufen, wenn Anleger Geld abziehen. Dadurch verstärken sie Markttrends, vor allem, wenn es an den Börsen nach unten geht.

Die zunehmende Verbreitung der ETFs erhöht die Risiken, die mit diesen agnostischen Trades verbunden sind. Je einfacher und liquider das bloße Up-and-Down-Trading von Aktienindexen wird, desto häufiger sehen diese Märkte auch die sog. Mini-Crashs oder Flash-Crash, die ein direkter Ausdruck dieses Tradingverhaltens sind.

Wie der ETF-Boom mittlerweile schon das Anlageverhalten verändert hat, zeigt der sog. "Smart-Money-Index". Der Index ist im Jahr 2018 drastisch gefallen. Nach seinem Höchststand von 20.757 Punkten im Januar ist er auf knapp über 12.800 Zähler abgestürzt. Einen solchen Einbruch gab es in der Geschichte des seit 1932 ermittelten Frühindikators noch nie. Besonders von Januar bis März sackte der Index dramatisch ab. Im Oktober folgte die zweite etwas kleinere Welle.

Flash-Crashs oder Mini-Crashs deuten ganz grundsätzlich darauf hin, dass ETFs enorme Potentiale zur Verstärkung, zur kurzfristigen Verstärkung von Phasen ausgeprägter Anspannungen an den Finanzmärkten besitzen. Auch deshalb, weil, ihrem agnostischen Charakter entsprechend, einzelne Werte des Index mit unterschiedlichen Performances keine Rolle spielen, subsumiert sind im Aggregat des Index'.

Hinzu kommt, dass der ETF-Markt solche flashartigen Turbulenzen an den Börsen nur deshalb erzeugen kann, wenn wenige Anbieter das Gros des Marktes dominieren. Blackrock, Vanguard und State Street wirken wie sich wechselseitig verstärkende Kräfte, die die Trade-Volumina in die Höhe treiben, so dass es zu solchen explosionsartigen Marktausschlägen überhaupt erst kommen kann.





Wären mehr Anbieter unterwegs, würden sich solche Effekte seltener einstellen.

So sehr ETFs also geeignet sind für Privatanleger und deren Absichten, Vermögen in Zeiten zinsarmer Sparbücher mittels ETF-Sparpläne zu substituieren, so hoch ist also auch das Risiko, in langfristigen Seitwärtsphasen an den Aktienbörsen in ein Null-Summen-Spiel zu geraten. Anleger, die z.B. im Jahr 2000 in ETFs investierten und zwanzig Jahre später sich über passable Renditen erfreuen wollten, werden heute bereits als "verlorenen Generation" bezeichnet, da sie kaum bis keine adäquaten Renditen erwirtschaftet konnten.

Die Risiken der Indexmärkte aber liegen nicht nur bei den Privatanlegern, sondern eben auch und darüber hinaus als ein Risikofaktor über der gesamten Finanzwelt. Gleichwohl das weltweite ETF-Vermögen von etwas über 5 Billionen Dollar in den vergangenen Jahren stark zugenommen hat, entspricht es nur knapp 14 Prozent sämtlicher Gattungen von Investmentfonds.

Aber der Typus der ETFs mit ihrer agnostischen Struktur und subsumierenden Marktgängigkeit lässt sie zu einem potenziellen Monster in der Finanzwelt werden.

Betrachtet man also die Funktionsweise der ETFs wird deutlich, dass auch ein Markt in dieser Größenordnung Effekte zeitigen kann, die weit über das hinausgehen können wie vergleichbare Anlageklassen mit anderer Ausstattung. Bei den Indexfonds kommt es ja, anders als bei offenen Investmentfonds, zu keinem direkten Handel zwischen dem Fondsanbieter und dem Investor. Die Folge hierbei ist, dass Fondsmanager ihre Investoren nicht kennen, auch nicht ihre Großinvestoren.

Verfügt bei traditionellen Investmentfonds der Asset-Manager über Kenntnis und Zeit bei der Umschichtung der Vermögen auf Wunsch des Anlegers und verhält sich damit marktschonend, so sind schnelle, anonyme Käufe und Verkäufe eben strukturell marktbelastend, wenn sie in einer Größenordnung getätigt werden, wie in unserem Fall

Auch die Intermediäre, die es auch in diesen Märkten gibt und die als Mittler zwischen ETF-Anbietern resp. Investmentgesellschaften und Märkten operieren, haben nur sehr wenig aufschiebende und "gnostische" Wirkmöglichkeiten. Denn werden die Märkte turbulent, bleibt auch ihnen nichts anderes, als Anteile aus ihren Wertpapierkörben an die ETF-Anbieter schnell und umfangreich zu verkaufen, damit diese wiederum Anteile in ihren Portfolios auflösen können.

Diese Struktur schnellen Kaufs und Verkaufs großer ETF-Anteile erzeugt daher den sichtbaren Marktstress. Wenn wenige Großakteure gleichzeitig fast dasselbe tun, ist das besonders dort am schädlichsten, wo ETFs auf weniger liquide Märkte treffen, also bei Unternehmensanleihen oder Aktien von Schwellenländern. Hier kommt es fast regelmäßig dazu, dass bei hohem Ausverkaufsdruck der ETF-Preis unter den Indexwert fällt und dort auch eine Weile verweilt. Wenn nun der Druck zum Verkauf von Anteilen auf Seiten der Anleger wächst, machen diese auch erhebliche Verluste und führt zu diesem kaskadierenden Sell-off-Effekt, weil immer mehr Anleger immer schneller aus den Märkten fliehen; ergo, die Werte der ETFs stürzen ab.

Dieser und Effekte aus Dollar-Kursentwicklungen machen schon ein Gros dessen aus, was wir in unserer Analyse der Konjunkturschwankungen in Schwellenländern diskutiert haben.



Dem amerikanischen Modell entgegen wirken die Ansichten und Initiativen europäischer Institutionen, diese Marktrisiken ansatzweise, leider viel zu wenig, zu begrenzen. Absichten, Regulierungen hier einzuführen lassen erkennen, dass wir es mit aktuell weitgehend unregulierten Märkten zu tun haben. Wie oben bemerkt, ist dies ein Kennzeichen von typischen Verkäufermärkten nach amerikanischem Vorbild, welches einer Auffassung und Lehre liberaler Marktwirtschaften entspringt, so wenig Regulierung wie möglich zu fordern.

Wir sehen auch an diesem Beispiel, dass es wenig Sinn macht, von Regulierung oder No-Regulation zu sprechen und so in eine Denkopposition zu geraten, ist doch die Regulierung von Verkäufer- oder Käuferverhalten von gänzlich unterschiedlichem Charakter.

Regulierung im ETF-Markt heißt deshalb zu allererst, Aufbrechen der Konzerne in ihrer oligopolen Struktur hin zu eine größeren Anzahl zwischengeschalteter Intermediäre bzw. Marktmacher (engl. Market Maker) sowie die Einführung automatisch greifender Handelsbeschränkungen, um sowohl die Liquiditätsflüsse auf den ETF-Märkten zu verbessern und die agnostische Risikostruktur zu begrenzen.






Vorschläge etwa der Bundesbank6 , mehr Risikokapital auf Seiten der Anbieter vorzuhalten, um in Stressphasen auf den Märkten vorübergehend Positionen in die eigenen Bücher zu nehmen, haben wenig Aussicht auf Erfolg, denn das geben die Geschäftsmodelle der US-Anbieter überhaupt nicht her und sind auch zeitlich wie deren Grundcharakter gegenüber kontraindiziert.

Um die Probleme in den Griff zu bekommen, raten andere Experten den Asset-Managern sich stärker auf alternative Investments wie Hedgefonds oder Private Equity zu konzentrieren, also alles Geschäfte, in denen die Margen bislang noch attraktiv seien; dem aber ist nicht so. Hinzu kommt, dass ein langfristig angelegtes Geschäftsmodell inkompatibel ist und bleibt mit einem auf kurzfristige Gewinnmargen ausgerichteten Modell, zumal ja gerade die langfristige Erfolgsstory bei Blackrock z.B. zur Diskussion, wenn nicht gar zur Disposition steht.

Das belegt die Tatsache, dass, wer im Jahr 2000 bei Blackrock 28.000 Dollar investiert hatte, der war im Jahr 2017 stolzer Dollar-Millionär. Doch mehr als ein Drittel dieses Geldes ist inzwischen wieder verschwunden, was eindeutig gegen diese Anlage als langfristig sichere Vermögensanlage spricht.

Ebenso wird bereits heute, Anfang des Jahres 2019 deutlich, dass weitere Unternehmen, auch aus Europa, die dieses Modell als Geschäftsmodell definiert haben, in eben dieselben Schwierigkeiten geraten sind wie die großen US-Unternehmen und wir deshalb nicht von Einzelfällen sprechen, sondern von einer Strukturkrise des amerikanischen Modells des Asset-Managements, in dessen Folge die Spreizung der gesellschaftlichen Wohlfahrt zu einer sozialen Krise gerinnt.

Die UBS, schweizerische Großbank, veröffentlichte im vierten Quartal 2018 einen Rückgang beim bereinigten Vorsteuergewinn von 22 Prozent gegenüber dem Vorquartal gerade in ihrer Paradedisziplin der Vermögensverwaltung. Acht Milliarden Dollar an Vermögen verließen die Großbank in Windeseile. Auch der Bereich des Investmentbanking tat sich schwer im Hause UBS. Hier lag der bereinigte Vorsteuergewinn bei mageren 26 Millionen Dollar und damit um 84 Prozent niedriger als im Vergleichsquartal. Hier klingen die Aussichten ähnlich, fast wortgleich, wie bei dem großen US-Wettbewerber: "Aber das heißt natürlich nicht, dass wir hier sitzen und darauf warten, dass sich die Märkte besser entwickeln", so UBS-Chef Ermotti. Wenn sich die Lage verschärfe, könne die UBS darauf mit Einsparungen reagieren. "Wir können in den Benzinsparmodus gehen." So könne die Bank etwa freigewordene Stellen vorerst nicht mehr besetzen.

Wenn Warten auf bessere Zeiten an den Börsen Stellenabbau die einzige Aussicht auf Genesung eines Konzerns ist, der eine aktive Vermögensverwaltung als Geschäftsmodell anbietet, dann darf man vermuten, dass eine geeignetere Form der Marktanpassung nicht gelungen oder aufgrund der eigenen Größe nicht als heraufziehende Aufgabe erkannt, kurz, verschlafen worden ist.



Fliehkräfte des amerikanischen Modells



Nicht alles, was Konzernlenker in die Öffentlichkeit geben, entspricht ihrer Meinung in der Sache. Das meiste hat strategische Bedeutung, eine davon ist, Märkte oder Kunden zu beruhigen. Das gelang meistens in der Vergangenheit, gelingt heute weniger denn je. Kunden sind informierter und Märkte scheren sich nie um die Meinung von Konzernlenkern. Börsen führen keinen Diskurs. Politische Diskurse, selbst wenn sie einem amerikanischen Modell entsprechen, haben in einer global vernetzten Welt nicht mehr die Bedeutung wie früher, als es das Internet und die transnationale Vernetzung der wirtschaftlichen Akteure nicht, oder nur in Ansätzen gab.

Aber schauen wir kurz auf die Erklärungen, die aus den oberen Etagen des Investmentbankings und Asset-Managements in die Öffentlichkeit gelangt. Geopolitische Spannungen, wachsender Protektionismus, nicht nur in den USA und Handelskriege hätten die Börsen in den vergangenen Monaten belastet. Diese Effekte führte der UBS-Chef auch als Erklärung für das schlechte Konzernergebnis der UBS an. Fehleinschätzungen im eigenen Haus tauchen darin nicht auf; im Gegenteil.

Ermotti macht etwas, was heute allerorts als Ankündigung eines Selbstmordes angesehen wird, mehr also, als ein Offenbarungseid eines Konzernlenkers. Er verweist auf die gute alte Vergangenheit und betont die milliardenschweren Gewinne, die die Bank einst eingefahren hat und leitet daraus das Prinzip Hoffnung ab, die Aussichten seines Hauses seien daher solide verankert und so zu einer Position der Stärke gewachsen, die den "Disruptionen" der Märkte begegnen zu können; das ist weniger als nichts.

Demgegenüber fällt die Erklärung von Larry Fink, Chef von Blackrock ein wenig differenzierter, aber um nichts weniger verzweifelt bzw. ohnmächtig aus. "Das globale Umfeld wird immer fragiler und macht Unternehmen und Regierungen anfälliger für kurzfristiges Handeln," so beginnt sein Brief7 überraschenderweise an die deutschen Manager der DAX-Konzerne, in dem er auf seine Art an die guten alten Zeiten erinnert, als langfristiges Wachstum und Profitabilität noch als Attributionen klugen Wirtschaftens innerhalb eines Satzes gelangen.

Als guter Manager widmet Fink sich nicht nur der Erklärung der erheblichen Malaisen seines Konzerns auf den Märkten, sondern gibt auch seine Ansichten zum Besten, wie eine Aussicht auf bessere Zeiten eröffnet werden kann.

Finks weiß, was er zu verlieren hat. Mehr Vermögen verwaltet keine andere Fondsgesellschaft, ist tätig sowohl in weiten Teilen der Weltwirtschaft als auch an der kompletten Unternehmenselite in Deutschland beteiligt und dabei oftmals sogar der größte Aktionär.





Aus seiner Feder einen Generalangriff auf die politische Ökonomie seines Landes zu lesen, der sogar noch über das hinaus geht, was wir bislang als amerikanische Modell beschrieben haben, überrascht. Die Gesellschaft sei verunsichert durch <em>"fundamentale ökonomische Umwälzungen und durch die Unfähigkeit der Regierungen, dafür effektive Lösungen zu finden"</em> und deshalb müssten Unternehmen drängende soziale und wirtschaftliche Fragen angehen.

Als einer der obersten Vertreter des amerikanischen Modells weiß er, dass soziale und wirtschaftliche Fragen zusammen gehören und nicht wie zwei getrennte Bereiche der Marktwirtschaft und der Politik behandelt werden können, will man nicht vor der Tatsache versagen, dass eben genau dies in den letzten vierzig Jahren in den USA so geschehen ist und zu einem Bündel an schier ausweglosen Widersprüchen im amerikanischen Modell geführt hat.

Und eine dieser marktwirtschaftlichen Antinomien läge in der Schnelllebigkeit des Marktes börsennotierter Unternehmen und der Ausrichtung an kurzfristiger Gewinnmaximierung der Anleger. Viele Investoren werden auf Monatsvergleiche zu ihren Benchmarks, den Vergleichsmaßstäben, gemessen. Das war vor 15 Jahren noch anders; das stimmt. Das ist aber nicht das Problem und somit liegt darin auch nicht die Lösung.

Nichts verschiebt sich in der Perspektive, wenn Fink in den Werkzeugkasten privatwirtschaftlicher Vorschläge zur Lösung sozialpolitischer Probleme greift und dabei erinnern lässt an die Frühphase der industriellen Revolution mit ihren Firmenwohnungen und -kindergärten. So nähmen in den USA viele Topunternehmen ihre soziale Verantwortung bereits stärker wahr, wenn sich mit Jeff Bezos, Warren Buffett und Jamie Dimon drei der mächtigsten Vorstandsvorsitzenden der USA zusammentuen und mit ihren Konzernen, dem Onlineversandhändler Amazon, dem Beteiligungsunternehmen Berkshire Hathaway und der Bank JP Morgan, Mitte vergangenen Jahres eine eigene Krankenversicherung starteten, um die teuren Mittelsmänner im US-Gesundheitssystem auszuschalten und zudem noch mit dem neuen Unternehmen keinen Profit erzielen wollen.

Und Fink lamentiert in guter Manier einer liberalen Marktwirtschaft weiter zu Themen wie Umweltschutz, Alterssicherung sowie Gleichberechtigung von Geschlechtern und ethnischen Gruppen, um einer öffentlichen Meinung das Wort zu reden, die bei Umfragen zunehmend mehr den Hauptzweck unternehmerischen Handelns darin sieht, "die Gesellschaft [zu] verbessern" als "Gewinne [zu] erwirtschaften".

Das gefällt den Vertretern einer liberalen Marktwirtschaft, gleich selbst die gesamte politische Ökonomie in die eigenen Hände zu bringen, ist doch der Staat mit seinen Regulierungen der Märkte der wahre Übeltäter. Und ließe man die Top-Unternehmen nur machen, die Welt wäre ein besserer Ort.

So kommt Fink zu dem Schluss, dass die Generation der "Millennials" mit ihren sozial erwünschten Statements zu mehr sozialer Gerechtigkeit und ökologischem Bewusstsein natürlich dann auch ein verändertes Anlageverhalten verdient haben und hat dabei nicht zufällig den größten Vermögenstransfer der Geschichte von ca. 24 Billionen Dollar in den Augen stehen.



Sozial verantwortliche Investments wachsen derzeit jährlich um 50 Prozent. Besonderen Wert bei den Investments wird darin auf eine gute Unternehmensführung (Corporate Governance), die nachweislich den stärksten Einfluss auf die Ergebnisse nimmt, insgesamt auf Umwelt-, Sozial- und Governance-Themen (ESG) gelegt.

Dem wäre wenig entgegenzuhalten, hörte man nicht darin die diskrete Aufforderung Finks an die Unternehmen und Investoren, sich wieder mehr auf den Weg des traditionellen Investments und der aktiven Vermögensverwaltung zu begeben und abzubiegen vom Weg der kurzfristen Anlageformen. Dann bleibe er "optimistisch für die Zukunft der Welt und der Perspektive für langfristig orientierte Investoren und Unternehmen", ohne dabei explizite darauf einzugehen, dass Blackrock gerade bei jenen Anlageformen, die zunehmend die ESG-Kriterien berücksichtigen und dabei recht erfolgreich sind, wenig bis gar nicht beteiligt ist.

Wettbewerber wie etwa die Privatbank Merck Finck mit Sitz in München, eine Tochter der Luxemburger Banken-Gruppe KBL European Private Bankers, die wiederum von Precision Capital und damit von Katars Al-Thani-Familie kontrolliert wird, sowie die ebenfalls traditionsreiche Hamburger Bank M.M.Warburg & CO den Amerikanern besonders in der Zielgruppe der Millenials durch breite Angebote auf der Basis einer Online-Vermögensverwaltung streitig machen. Online-Vermögensverwaltungen sowie alle anderen Formen digitaler Bankdienstleistungen in den Bereichen Investmentbanking und Asset-Management sind die offenen Wunden im amerikanischen Modell in diesem Segment. Die Banken dort sind, man glaubt es kaum, den digitalen Technologien in Bankanwendungen zur Zeit noch hoffnungslos unterlegen, als wäre Silicon Valley das Aosta Tal in Europa.

Profitable Geschäftsprozesse im Investment-Management und individualisierte Angebote für kleinere und mittlere Anleger wie z.B. Mittelstandsfonds, im Private Banking-Bereich sowie im Bereich der Family Offices mögen die US-Riesen nicht sonderlich beängstigen, beunruhigend wirken sie doch. Vor allem, wenn man sieht, dass nachhaltiges Investieren sich mehr und mehr für die Investoren auszahlt.

Vergleicht man etwa den Aktienindex MSCI Europa mit dem Sustainable Europe Index Fund, dann fiel das Ergebnis der nachhaltigen Anlage in den vergangenen drei Jahren um rund 20 Prozent besser aus. Das Beispiel des schwedischen Pensionsfonds AP4, der rund 360 Milliarden schwedische Kronen verwaltet, der erst kürzlich als führender Pensionsfonds ausgezeichnet wurde, wenn es um Klimaschutz bei der Vermögensanlage geht, zeigt, dass gerade in dem hart umkämpften Käufermarkt europäischer Investitions- und Vermögens-Assets bei Nutzung digitaler Technologien eine Alternative zu den agnostischen Turbomärkten amerikanischer Provenienz besteht.

Nicht überraschend hat Niklas Ekvall, Chef von AP4, vor kurzem angekündigt, Unternehmen, die Nuklearwaffen herstellen und Ölsand verarbeiten, aus den Portfolios zu verbannen, was natürlich einer Kriegserklärung gegen die politische Ökonomie eines D. Trump gleichkommt. Mehr aber als das, schlimm genug, mag man meinen, ist aber, dass für Blackrock und die anderen großen Asset-Management Gesellschaften in und aus den USA die ESG-Kriterien immer wichtiger für die Unternehmensbewertung werden. Und wenn die Börsen im Vergleich das amerikanische Modell abschlägiger bewerten als Unternehmen, die auf der Grundlage eines Modells sozialer Marktwirtschaft agieren, dann kostet das den US-Unternehmen möglicherweise mehr als Milliardensummen und Marktanteile.

Betrachten wir den Prozess der vergangenen Jahre also als einen Gesamtprozess, dann sieht man, dass von einem Ende der aktiv verwaltenden Fonds und vom anderen Ende die Indexfonds aufeinander zulaufen. Verkäufermärkte, so formulieren wir generell, und Käufermärkte kannibalisieren sich im amerikanischen Modell, insofern sich im Segment des Asset-Managements die Zuflüsse in börsengehandelte Indexfonds, die seit Jahren steigen, den aktiven Fonds zunehmend das Wasser abgraben.

Vom Typus her können auf der Kostenebene aktive Fonds nicht mit Indexfonds konkurrieren, denn einen Index nachzubauen ist in der Regel deutlich kostengünstiger, als einzelne Aktien oder Anleihen für das Portfolio auszuwählen und aktiv zu managen.

Der inneren Kannibalisierung beider Märkte entkommen die US-Unternehmen aber weder durch eine aggressive Niedrigpreis-Politik noch durch eine Marktausweitung bei Beibehaltung der insuffizienten, defizitären Verkäuferstrukturen. Im Gegenteil wirft der Markt aus Käufersicht den US-Unternehmen nicht zu Unrecht vor, dass aktive gemanagte Fonds mittlerweile nur verkappte Indexfonds geworden sind, die mehr und mehr das Vertrauen der Anleger belasten, insofern die Vermutung nicht ganz fern liegt, dass Asset-Manager aufgrund des Kostendrucks und der insuffizienten Verkäufermarkt-Struktur oft nur einen Index nachbilden und dies qua Gebührenforderung als aktives Management verkaufen. Und will so man denn sonst die Klage verstehen, dass konjunkturelle Entwicklungen und politische Entscheidungen ihnen die Ergebnisse verhageln. So treibt das amerikanische Modell monopolistisch bzw. oligopolistisch strukturierter Verkäufermärkte die Unternehmen in kunden- bzw. angebotsorientierte Käufermärkte und von da aus quasi wieder zurück, indem die Unternehmen an den notwendigen Prozessen einer Marktanpassung scheitern; nicht, weil sie im Einzelfall für solche Anpassung nicht fähig wären, sondern durch ihre gesamte Konzernstruktur daran gehindert sind.

"Eine aktuelle Studie der Ratingagentur Scope zeichnet ein unvoreingenommeneres Bild. Die Scope-Analysten haben rund 3000 aktiv verwaltete Aktien- und Rentenfonds daraufhin untersucht, ob sie in den ersten drei Quartalen dieses Jahres ihren jeweiligen Vergleichsindex geschlagen haben. Ergebnis: Bei den Aktienfonds lag die sogenannte Outperformance-Ratio nach den ersten neun Monaten bei 55,6 Prozent. Bei den Rentenfonds hatten es per Ende September 52,3 Prozent geschafft, die Benchmark zu übertreffen. Fast die Hälfte der Anleger, die aktiv verwaltete Aktien- oder Anleihefonds im Depot haben, wäre also mit einem ETF besser bedient gewesen."8





Anmerkungen:

1 Vgl. David Stuckler, Andrea B Feigl, Sanjay Basu, Martin McKee: The political economy of universal health coverage. Montreux, 2010 First Global Symposium on Health Systems Research .

2 Auch ein detaillierter Vergleich des Commonwealth Fund über verschiedene Aspekte der Gesundheitsversorgung von 11 westlichen Industrienationen führt zu einem schlechten Ergebnis aus Sicht der Vereinigten Staaten. Sie belegen den letzten Platz.

3 Ein Nachfrageüberhang besteht, wenn auf einem Markt, von einem bestimmten Gut mehr nachgefragt als angeboten wird. Dabei kann der Verkäufer die Marktsituation bestimmen und es besteht ein Verkäufermarkt.

4 iShares (auch iShares by BlackRock) sind eine Produktgruppe von börsengehandelten Fonds (englisch exchange-traded fund, ETF), die von der US-amerikanischen Fondsgesellschaft BlackRock verwaltet werden.
Mit einem verwalteten Vermögen in Höhe von etwa 1,6 Billion US-Dollar in mehr als 700 Fonds (Stand: September 2017) gehört iShares zu den größten ETF-Anbietern und verfügt nach eigenen Angaben über eine vorherrschende Stellung auf dem weltweiten ETF-Markt. Im Oktober 2016 waren nach eigenen Angaben 36,9 % aller börsengehandelten ETF-Vermögenswerte weltweit in iShares-Fonds investiert (Wikipedia). IShares wurden im Jahr 2000 durch das britische Finanzunternehmen Barclays auf den Markt gebracht.

5 Das Sparparadoxon bei Keynes. Dem zufolge bedeutet ein Konsumverzicht, also das Sparen der Haushalte, für die Unternehmen einen Rückgang der Nachfrage. Sie reduzieren die Produktion (und reduzieren weitere Investitionen) und lösen einen negativen Multiplikatorprozess aus.

6 Vgl. Holger Zschäpitz in welt.de

7 Vgl: FAZ vom 20.11.2018: Blackrock geht in die Charme-Offensive .

8 Julia Groth: ETF-Erfolg ruft Neider auf den Plan. In Capital, 09.11.2017



Foto: monika m. seibel www.photographie-web.de



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